Chronik über das Gasthaus «Adler» in Kägiswil

(verfasst von alt Landammann Leo von Wyl im Mai 1979)

Von den in Kägiswil bestehenden Gasthäusern ist das Gasthaus «Adler» weitaus das älteste, lässt es sich doch bis in die Zwanzigerjahre des 19. Jahrhunderts nachweisen. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass dessen Existenz noch weiter zurück reicht, vielleicht bis ins ausgehende 18. Jahrhundert.

Bei der Patenterteilung der zuständigen Behörden wurden in vielen Fällen nur die mit dem Wirtschaftspatent bedachten Personen namentlich erwähnt, während gleichzeitig die Bezeichnung der Wirtschaft unterblieb. Über den Namen der einschlägigen Wirtschaft ist man daher auf Vermutungen angewiesen.

Zu Anfang des 19. Jahrhunderts ist im Zusammenhang von erwähnten Wirten und Wirterechten der Kirchgemeinde Sarnen, natürlich auch von solchen in Kägiswil die Rede. So ist z.B. unterm II. Hornung 1802 (also noch zur Zeit der Helvetik) und 17. August 1804 von einem Franz Josefh Zurmühli die Rede. Weitere Angaben fehlen.

Unterm 23. Mai 1804 werden im Zuge von Bewilligungen zum Wirten für Kägiswil einige Namen genannt und zugleich auch die Bezeichnung der Getränke, deren Ausschank je dem Betreffenden erlaubt ist. Da sind folgende Namen und weitere Bemerkungen:

  • Franz Joseph Zurmühli: Wein
  • Frau Anna Marie Schmid: Most und Branz
  • Niklaus Joseph Miller (Müller?): Most und Branz

Die Bezeichnung von einer oder mehreren Wirtschaften fehlt.

Im Falle besonderer Bedingungen für einzelne Wirte sind in den Gemeinderatsprotokollen auch die entsprechenden Beschlüsse zu finden, so z.B. unterm 14. August 1804: Dem Joseph Miller in Kägiswil ist durch den Weibel anzuzeigen, dass er auf Morgens keinen Most auswirte.

Und unterm 18. Hornung 1805: Dem Joseph Miller in Kägiswil ist bis zur nächsten Maiengemeinde das Wirtn mit Wein, Most und Branz unter allseitigen Landesgesetzen bewilligt.

Betraf das den «Adler»? Man weiss es nicht.

In einer Reihe von Jahren wurden für sämtliche Wirte die Bewilligungen für das Wirten erteilt, ohne überhaupt jene namentlich zu bezeichnen, geschweige denn die einzelnen Wirtshäuser. So z.B. laut Beschluss der Kirchgemeinde vom 1. Mai 1806: Das Wirterecht haben wieder alle Wirte wie vor einem Jahr erhalten. … Ebenso auch für 1807, in Kägiswil aber ist mit Most und Branz zu wirten, dem Niklaus Zurmühli erlaubt worden. Ist da die Wirtschaft Adler gemeint?

Unter anderem wird auch einem Melchior Küchler das Wirten erlaubt (Anmerkung: Bewilligungsbehörde war damals die Kirchgemeinde = Gemeindeversammlung; Gemeindebehörde war der Kirchgemeinderat).

Laut den einschlägigen Gemeinde-Protokollen sind so generelle Bewilligungen – wie oben erwähnt – auch in den Jahren 1806, 1807, 1810, 1812, 1813, 1814, 1815, 1816, 1817, 1818 und 1819 nachgewiesen.

An der Maigemeinde 1819 wurde zudem unter anderem beschlossen: Dem Franz Josef Durrer (oder Furrer?) wird bis zur künftigen Maigemeinde, in Kägiswil das Wirten mit Wein, Most und Branz bewilligt. Für welche Wirtschaft? (laut Protokoll Seite 169).

An der Kirchgemeinde vom 1. Mai 1820 wurde unter anderem dem Niklaus Sigrist in Kägiswil das Wirten bewilligt (Protokoll S. 196).

In einem andern Zusammenhang ist von Herrn Joseph Küchler, Wirt in Kägiswil, die Rede. Wirtschaft ist keine angegeben (Protokoll vom 28. Weinmonat 1820, Seite 211).

Das Wirterecht pro 1823 wurde unter anderem bewilligt an:

1. Herrn Kaplan Wirz in Kägiswil. Damit ist erwiesen, dass damals auch in Kägiswil eine sogenannte Kaplaneiwirtschaft existierte, die übrigens bis Anfang der 1830er-Jahre nachweisbar ist.

2. Herrn Niklaus Sigrist in Kägiswil, und zwar ziemlich sicher für das Gasthaus «Adler», da der Kirchgemeinderat unterm 1. Wintermonat 1824 ausdrücklich einen Niklaus Sigrist als Adlerwirt erwähnt. (Die Bewilligung an die beiden genannten Herren datiert vom 15. Mai 1823, laut Protokoll Seite 357.)

(PS: Kaplan Josef Ignaz Wirz war Kaplan in Kägiswil von 1789 bis 1831, also 42 Jahre.)

War schon 1824 das Bestehen eines «Gasthaus Adler» in Kägiswil praktisch nachgewiesen, so wird diese Tatsache im Jahr 1827 definitiv urkundlich bestätigt. Im Protokoll des Kirchgemeinderates Sarnen vom 27. Herbstmonat 1827, S. 38, ist folgender Beschluss festgehalten: Der Kauf um das Adlerwirtschaftshaus und Garten in Kägiswil für 6000 Pfund, zwischen Anton Kathriner Verkäufer – und Melchior Busher Alpnacht (?) Käufer, ist ratifiziert und vom Käufer der Access um das Wirtebewilligungsrecht an M.G.H. anzuhalten gestattet.

Um was für einen Kathriner es sich bei diesem Verkäufer handelte, ist mir bis heute nicht bekannt: auf keinen Fall war es ein direkter Vorfahre von jenem Johann Kathriner, der gut 40 Jahre später als Adlerwirt nachgewiesen ist.

Für das Jahr 1829 erhielten für Kägiswil das Wirterecht zuerkannt: Kaplan Wirz und Melchior Bucher zum «Adler».

Das Wirterecht oder Patent für die Kaplaneiwirtschaft lässt sich in den folgenden Jahren noch etwa bis 1835 feststellen. Ab diesem Zeitpunkt ist diese Wirtschaft nicht mehr nachweisbar.

Dagegen ist Herr Bucher ab 1827 bis zu seinem Tode am 9. Januar 1857 eigentlich ununterbrochen als Adlerwirt feststellbar. Adlerwirt Melchior Bucher war auch zeitweise Behördenmitglied, so z.B. Gemeinderat und wahrscheinlich auch Mitglied des Siebengerichtes.

Nach dem Ableben des Melchior Bucher wurde die Wirtschaft «Adler» von dessen Witwe Anna Marie Bucher-Lüthold noch zirka sieben Jahre, das heisst bis und mit 1863, weitergeführt.

In den beiden folgenden Jahren wurde das Wirtepatent für den «Adler» an Herrn Niklaus Stäldi erteilt. In einem Amtsblattinserat vom 25. Februar 1865 erlässt er eine Einladung zum Fasnachtstanz.

Patenterteilung für das Jahr 1866: An Gebrüder Kathriner, Vornamen sind keine genannt, ziemlich sicher aber handelt es sich um Johann Kathriner und wahrscheinlich Alois Kathriner. Patent an Gebrüder Kathriner ebenso pro 1867 und 1868. Nachdem Johann Kathriner am Mai 1868 sich verehelicht hatte, ging das Gasthaus «Adler» in seinen alleinigen Besitz über und er ist in den folgenden fünf Jahren, 1869 bis 1873, alleiniger Patentinhaber.

Um 1874 trat in der Bewirtschaftung des «Gasthaus Adler» eine Änderung ein. Bereits im Verlaufe des Jahres 1874 war Richard von Wyl Adlerwirt, was durch ein Amtsblattinserat vom 31. Januar 1874 nachgewiesen ist. Dort wurde von Adlerwirt Richard von Wyl auf Schmutzigen Donnerstag, den 12. Februar zum Tanz eingeladen.

Laut Gemeinderatsprotokoll von 1875 wird das Wirterecht an Herrn von Wyl erteilt; der Vorname fehlt, aber wahrscheinlich betrifft es Richard von Wyl (Protokoll S. 385).

Da Letzterer Anfang 1876 seine neuerrichtete Wirtschaft zu «Rose» in Schoried übernahm, gab er den «Adler» wieder auf, worauf Johann Kathriner denselben wieder zur Selbstbewirtschaftung übernahm, was er in einem Amtsblattinserat vom 24. Februar 1876 einem ehrenden Publikum anzeigte. Von Februar 1876 bis November 1898 war Johann Kathriner nun ununterbrochen wohl bestallter Adlerwirt und als solcher landauf und landab allgemein bekannt, und der «Adler» in Kägiswil samt der Bewirtschafterfamilie war zu einem Begriff geworden.

Vater Johann Kathriner, der inzwischen das 70. Altersjahr bereits überschritten hatte, fühlte allmählich das Bedürfnis, sich zu entlasten. Im November 1898 verkaufte er seinen – ihm zwar lieb gewordenen – «Adler» an Louis von Wyl, in welchem er als Adlerwirt einen würdigen Nachfolger fand. Durch Amtsblattinserat verabschiedete sich der scheidende Adlerwirt von seiner zahlreichen Kundschaft und im folgenden Amtsblatt warb der neue Wirt um die Gunst des Publikums.

Der erste bedeutende Anlass im «Adler» unter dem neuen Wirt war der Schützen- und Älplertanz vom 21. November 1898, nachdem an genanntem Tage sowie tags zuvor (am Sonntag) wacker drauflos geschossen wurde.

Von der zweiten Hälfte November 1898 bis April 1911 war Herr Louis von Wyl ununterbrochen Patentinhaber und Eigentümer. Im April 1911 verkaufte Herr Louis von Wyl das Geschäft an Herrn Leopold von Wyl, Richard's, der es dann ab 24. April 1911 auf seine Rechnung betrieb. Aber schon nach 3 Jahren, im April 1914 hängte Leopold von Wyl das Wirten wieder an den Nagel und in dieser Situation kaufte der nun 62-jährige Louis von Wyl die Wirtschaft wieder zurück und betrieb sie die folgenden 5 Jahre weiter, das heisst bis zu seinem Ableben am 27. April 1919.

In einem Amtsblattinserat vom 9. April 1914 orientierte Louis von Wyl die Öffentlichkeit über die Wiederübernahme des «Adler» mit der gleichzeitigen Bemerkung, dass er denselben von Robert Britschgi (welcher Britschgi?) käuflich übernommen habe. Diese Tatsache beweist indirekt, dass Leopold von Wyl die Adlerliegenschaft zwischenhinein diesem Robert Britschgi verkauft hat, wonach er aber bis April 1914 vermutlich pachtweise die Wirtschaft weiter betrieb.

Herrn Leopold von Wyl war es vergönnt, als erstmaligen «Grossanlass» die erste Älplerkilbi in Kägiswil, gleichzeitig in Verbindung mit der Schützenkilbi im Oktober 1911 durchzuführen. Kurz zuvor wurde ja die Älplergesellschaft Kägiswil gegründet. Zwei Jahre später, im Oktober 1913 fand im «Adler» die zweite Älplerkilbi statt, ebenfalls noch mit dem Festwirt Leopold von Wyl.

Nun wieder zurück zu Louis von Wyl. Nach dessen Ableben am 27. April 1919 wurde der Wirtschaftsbetrieb von dessen Erben (vornehmlich von seiner Frau Franziska von Wyl-Gut geb. Galliker) weitergeführt.

Im August 1919 wurde die Liegenschaft «Adler» verkauft an Herrn Josef Ettlin-Fuchs, der aus dem Luzernerbiet hieherkam. Durch entsprechende Inserate wurde die Öffentlichkeit von diesem Kauf in Kenntnis gesetzt.

Herr Ettlin bewirtschaftete das Gasthaus «Adler» bis Mitte Mai 1922. Seine Frau, die sich wohl in erster Linie für den Wirtschaftsbetrieb eignete, war nach schwerer Krankheit leider schon im Oktober 1919 gestorben. Vielleicht war das ein entscheidender Grund, dass Herr Ettlin schon im Mai 1922 sich vom Wirtschaftsbetrieb zurückzog und denselben dem 32-jährigen Alois Kaufmann-Amstad, aus Horw, verkaufte. Laut einem einschlägigen Inserat im Amtsblatt lud Herr Kaufmann ein zum Antrinket am 14. Mai 1922.

Seitdem war Herr Kaufmann ununterbrochen Eigentümer und Patentinhaber bis Juni 1958, also volle 36 Jahre.

Kaufmann war im Allgmeinen eine initiative und aufgeschlossene Persönlichkeit, er diente auch der Öffentlichkeit in Kägiswil, indem er 3 Jahre lang, von 1928 bis 1931 als Präsident der Bezirksgemeinde vorstand. Geschäftlich gesehen waren ihm auch zum Teil gute, zum Teil weniger gute Tage beschieden, Krisen- und Kriegszeit bekam auch er mannigfach zu spüren. Zeitweise Spannungen zwischen ihm und vereinzelten Gästen und massgebenden Persönlichkeiten waren kaum geeignet, ihm das Leben zu versüssen. Dank seiner robusten Gesundheit hat er aber des Lebens Mühsal und Missgeschick gut überstanden und ein fast patriarchalisches Alter erreicht. Am Sonntag, 13. Mai 1979 wurde er in die Ewigkeit abberufen im Alter von 89 Jahren. Der Herrgott schenke ihm den ewigen Frieden.

Wie bereits erwähnt, besass Alois Kaufmann das Gasthaus «Adler» bis Juni 1958. Er verkaufte dasselbe dann wieder einem Luzerner, nämlich Leo Zemp-Huwiler. Ein Inserat im Amtsblatt vom 19. Juni 1958 orientierte über dieses Kaufgeschäft. Der sogenannte Antrinket wurde auf den 6. Jui angesetzt. Seitdem ist Herr Zemp nun ununterbrochen Besitzer und Bewirtschafter dieses Gastbetriebes.

Im vergangenen Jahr hat Familie Zemp nun die Initiative ergriffen und sich an einen umfangreichen und sicher auch kostspieligen Umbau herangewagt, mit der Absicht, den «Adler» zu einem zeitgemässen Landgasthof auszubauen. Ich glaube, es ist ihr dies weitgehend gelungen. Zum überwiegenden Teil ist der Umbau abgeschlossen, kleinere, ergänzende Bauvorhaben werden noch folgen. Ich möchte Familie Zemp zu ihrem Unternehmen von Herzen gratulieren, man kann ihre Initiative und ihren Mut nur bewundern. Es ist auch mein aufrichtiger Wunsch, dass die grossen finanziellen Opfer, die mit diesem Um- und Neubau unvermeidlich waren, auch in den entsprechenden Ertragsergebnissen weitmöglichst abgegolten werden.

Diese, zwar nicht erschöpfende, aber doch einigermassn zusammenfassende Rückschau über Anfang und Entwicklung des Gasthauses «Adler» und dessen Wirt, zeigen doch eine Tradition dieses Hauses, die sich sehen lassen darf. Wenn, wohl mit Berechtigung, der erste sicher Nachweis für das Gasthaus Adler im Jahre 1824 angenommen wird, besteht diese Wirtschaft nicht weniger als 155 Jahre. Sicher ein achtunggebietendes Alter! Ja, es besteht die begründete Vermutung, das diese sogenannte Dörfli-Wirtschaft in ihrem Ursprung mindestens 20 bis 30 Jahre weiter zurückliegt!

Seit dem Jahr 1824 bis heute sind diesem Wirtschaftsbetrieb 11, evtl. 12 Wirte vorgestanden; davon einige mehrere Jahrzehnte. So z.B. Alois Kaufmann 36 Jahre, Melchior Bucher und Johann Kathriner je 30 Jahre, Louis von Wyl 18 Jahre und der gegenwärtige Wirt Leo Zemp bereits 21 Jahre. Sicher ein gutes Renommee für diesen Gastbetrieb!